You are currently viewing Exklusiv-Interview Patrick Reimer: Karriere-Rückblick, seine Zukunft im Eishockey und die Momente des Abschieds

Exklusiv-Interview Patrick Reimer: Karriere-Rückblick, seine Zukunft im Eishockey und die Momente des Abschieds

So ausführlich und offen hat sich DEL-Legende Patrick Reimer nach seinem Karriereende noch nicht zu Wort gemeldet.  Im großen Exklusiv-Interview haben wir mit Patrick Reimer auf seine Karriere zurückgeschaut, über die letzten Tage und Minuten on ice gesprochen – und über das, was jetzt kommt.  All das und noch viel mehr gibts hier in unserem STIX Marketing Blog: 

Patrick Reimer im Exklusiv-Interview mit STIX Marketing

STIX: Patrick, du warst auf dem Eis vergleichsweise gefasst nach dem letzten Spiel. Wie waren die Minuten und Stunden danach? Und wie fühlt es sich jetzt an? 

Patrick Reimer: Ehrlich gesagt war es okay. Überraschenderweise. Ich habe mir den Tag des letzten Spiels ziemlich schlimm vorgestellt. Aber dadurch, dass ich mich lange darauf vorbereiten konnte und nochmal alles raushauen konnte, was in mir war, war es okay. 

Es ist einiges von mir abgefallen. Irgendwie konnte ich schon realisieren, dass ich stolz auf mein Geleistetes sein kann. Natürlich war eine Trauer da und eine Enttäuschung über das Ausscheiden. Aber am Ende habe ich es tatsächlich genossen, mich noch einmal Zuhause von allen verabschieden zu können. 

Es war, trotz allem, ein schöner Moment. Nach wie vor ist es für mich die richtige Entscheidung. Ich fühle mich gut und bin voll im Reinen mit mir. Passt alles. 

STIX: Beide Reimer Brüder sind jetzt im Eishockey-Ruhestand. Hat dein Bruder Jochen Reimer dir schon Tipps für den Ruhestand gegeben?

Patrick Reimer: Nicht wirklich, das haben  wir auch gar nicht groß thematisiert bisher. Ich werde ihn in naher Zukunft in Amerika mit der Familie besuchen, vielleicht hat er da noch den einen oder anderen Tipp. Dadurch, dass ich jetzt viel Zeit mit der Familie habe, ist alles erstmal ganz entspannt. Ich kann schauen, was auf mich zukommt. 

STIX: Wie geht es eigentlich deinem Körper nach so vielen Jahren Profi-Eishockey. Was ist kaputt oder ist alles Heile geblieben? 

Patrick Reimer: Ich würde sagen, dass ich ganz gut durch die Karriere gekommen bin. Klar gab es immer mal eine kleine Blessur. Aber ich musste nie operiert werden. Jetzt, zum Ende, hatte ich den einen oder anderen Bandscheibenvorfall. Das war nicht so schön, aber im Großen und Ganzen bin ich gut durch meine Karriere gekommen. Da bin ich auch froh darüber. 

STIX: War es in den Playoffs und grundsätzlich seit dem Tag, als du das Karriereende bekannt gegeben hast, eher Druck, Angst oder Befreiung auf dem Eis zu stehen? 

Patrick Reimer:  Ganz ehrlich? Es war schon eine Art von Befreiung, weil ich einfach die Entscheidung bewusst getroffen habe und von Anfang an dahinter stand. 

Auch wenn das keine leichte Entscheidung war, war es eine Befreiung. Ich habe gewusst, dass ich die letzten Spiele noch genießen kann. Leider hat mich ein Bandscheibenvorfall direkt nach dem Spiel nach der Verkündung für ein paar Wochen rausgenommen. 

Aber es war schön zu wissen: Alles, was jetzt noch kommt, ist eine schöne Zeit. Ich habe mich riesig über den Zuspruch von vielen Menschen gefreut. Auch von gegnerischen Fans in anderen Halle: Was da an positivem Feedback kam, das hat mich sehr gerührt. Druck oder Angst habe ich zu keinem Zeitpunkt verspürt. 

STIX: Gab es in deiner Karriere Momente, wo du schon früher ans Aufhören gedacht hast? 

Patrick Reimer: Ja, die Momente gab es auch. Ich glaube, es ist in einer langen Karriere in manchen Situationen so. Man spielt mit solchen Gedanken. Am Ende ist wichtig, wie man auf diese Gedanken reagiert. Ich bin rückblickend froh, dass ich nicht früher nachgegeben habe. 

Weil so, wie meine Karriere jetzt zu Ende gegangen ist, war es wirklich schön. Bewusst und auf dem Eis aufhören zu können, das war super. Ich konnte glaube ich nochmal zeigen, was in mir steckt. 

STIX: Welche Ziele hast du über die Jahre rückblickend erreicht und was hast du nicht geschafft? 

Patrick Reimer:  Nicht erreicht habe ich den Meistertitel. Das wäre schön gewesen. Aber mir war es immer wichtig, dass ich die Möglichkeit habe, den Titel bei  einem Team zu holen, bei dem ich mich voll und ganz identifizieren kann. Ich durfte bei zwei Super-Teams spielen, mit Düsseldorf und Nürnberg. Leider hat es nie ganz gereicht für den großen Wurf. Ich will das aber nicht Makel nennen, sondern das fehlende I-Tüpfelchen. 

Ansonsten hatte ich Glück einiges zu erreichen – auch Dinge, die ich mir nicht zwingend vorgenommen habe. Zum Beispiel der  Topscorer der DEL-Historie zu sein. Oder die olympische Medaille zu gewinnen. Es war immer der Traum, bei Olympia dabei zu sein. Dass es dann so ausging, das ist das Non-Plus-Ultra. 

STIX: Nenne uns ein paar Dinge, die du in Zukunft on und off ice vermissen wirst. 

Patrick Reimer: Der tägliche Wettkampf mit Gleichgesinnten. Ich bin ein Wettkampftyp und das war für mich super. Das werde ich definitiv vermissen. Dann natürlich auch die Zeit mit den Jungs – was man für einen Spaß in der Kabine hat. 

STIX: Nenne uns ein paar Dinge, wo du sagst: „Gott sei dank muss ich das nie wieder machen.“

Patrick Reimer:  Was ich definitiv nicht vermissen werde? Nachts von langen Auswärtsfahrten nach Hause zu kommen. Das mochte ich mit 20 nicht und mit 40 war es nicht wirklich leichter. 

STIX: Was kannst du jungen Profis mit auf den Weg geben, worauf sie im Laufe ihrer Karriere unbedingt achten sollten? 

Patrick Reimer: Für mich persönlich war das Wichtigste immer zurückdenken und daran zu erinnern, warum man den Sport überhaupt macht und welchen Spaß es macht. Das Wichtigste ist seine Leidenschaft für den Sport zu behalten und jeden Tag zu versuchen, das Beste zu geben. 

Das ist extrem wichtig, um konstant und gut zu spielen. Es wird Tage geben, wo es besser funktioniert und Tage, wo es nicht so funktioniert. Aber am Ende zählt jeder Tag und wenn man das kontinuierlich betreibt, hat man eine gute und lange Karriere. 

STIX: Für die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 hast du das Silberne Lorbeerblatt erhalten. Die höchste sportliche Auszeichnung des Landes. Wie hat sich der Moment damals angefühlt und wie jetzt, mit ein paar Jahren Abstand?

Patrick Reimer: Das war wirklich ein toller Moment. Wir waren im Schloss Bellevue in Berlin. Johannes B. Kerner hat die Zeremonie moderiert. Die Auszeichnung vom Bundespräsidenten zu erhalten, das war dann sehr besonders. Da bin ich auch nach wie vor sehr stolz drauf. 

STIX: Du hast viele Mitspieler und Gegner in deiner Zeit in der DEL gesehen. Wie hat sich das DEL-Eishockey über die Jahre verändert? 

Patrick Reimer: DEL-Eishockey  ist deutlich schneller und technischer geworden als vor 20 Jahren. Früher war es doch etwas robuster und sicherlich zum Teil gemeiner. Da waren mehr versteckte Fouls, sicher weil es auch nicht die technischen Möglichkeiten gab. 

Aber es war früher auch ein schönes Spiel. Ich glaube, wir sind heute auf einem guten Weg, durch dieses technische Eishockey den Sport noch einmal attraktiver zu machen. 

STIX: Kaufbeuren, Düsseldorf, Nürnberg.  An wen denkst du zuerst, wenn du an deine Station denkst und warum gerade diese Person?

Patrick Reimer: Das kann ich so nicht beantworten. Es gab so viele tolle Typen an jedem einzelnen Standort. Es wäre unfair, da einen rauszupicken. Jeder Verein war besonders für sich und an jedem Standort habe ich super Menschen kennengelernt. 

STIX: Überall hattest und hast du viele Fans gewonnen. Bleibst du in Zukunft über Instagram oder auf anderem Wege für deine Fans präsent. 

Patrick Reimer: Kann ich noch nicht beantworten. Aber ich war ja noch nie der große Creator. Ich werde mich nicht verabschieden. Aber wie aktiv ich bin, wird sich zeigen. 

STIX: Verzeihe die provokante Anschlussfrage: Glaubst du, dass das Interesse an dir so bleibt – oder ist es vielleicht sogar jetzt schon ruhiger geworden?

Patrick Reimer: Es wird sich definitiv ändern. Das Interesse wird sinken und das ist auch vollkommen in Ordnung. Ich freue mich sogar ein bisschen, dass ein gewisser Teil mehr Ruhe einkehrt. 

Ich bin sicherlich nicht überrannt worden. Aber ich habe den Mittelpunkt auch nie gesucht. Dementsprechend wird mir weniger Interesse auch keine allzu großen Probleme bereiten. 

STIX: Was hat dir Nürnberg eigentlich gegeben, dass du so lange dort geblieben bist. Du hattest doch sicher auch andere Angebote? War die NHL eigentlich für dich jemals Thema? 

Patrick Reimer: Nürnberg  hat mir ein familiäres Umfeld geboten und mir die Möglichkeit gegeben, um den Titel mitzuspielen. Ich hatte super Jahre in Nürnberg und durfte das Team elf Jahre als Kapitän aufs Eis führen. Ich hatte sicherlich das eine oder andere Angebot vorliegen, aber mein Herz war in Nürnberg. 

Mein Ziel war es, die ganze Zeit einmal den Titel zu holen. Dafür habe ich alles gegeben. Nürnberg ist eine super Stadt – es war definitiv die richtige Entscheidung, so lange zu bleiben. 

Die NHL war für mich nie ein Thema – wäre aber sicherlich interessant gewesen zu sehen, ob man auf diesem Level mithalten kann. Aber ich bin sehr glücklich wie meine Karriere verlaufen ist. 

STIX: Wie sehr hast du Pläne für die Zukunft und wenn ja, wie sehen die aus? Musst du in Zukunft eigentlich noch etwas machen oder kann man als DEL-Star auch sagen, ich kann jetzt mein Leben leben und ich habe ausgesorgt?  

Patrick Reimer: Ich muss definitiv noch arbeiten. Man kann sicher ein vernünftiges Geld während seiner Karriere verdienen, aber es reicht lange nicht, um im Anschluss ausgesorgt zu haben. Ich denke aber auch, dass es sehr langweilig wäre, wenn man nur noch die Füße hochlegt. 

Ich bin jetzt erstmal mit meiner Familie und werde dann schauen, wo die Reise hingeht. Ich kann mir durchaus vorstellen, im Eishockey zu bleiben. Ich bin mir sicher, dass  man sich ind er Eishockeywelt wiedersieht. 

STIX: Bleibst du eigentlich der SVE erhalten?

Patrick Reimer: Ist auf jeden Fall geplant. Ich stehe voll und ganz hinter der Sache. Das einzige, was da was ändern könnte, wäre ein Interessenkonflikt  mit einem zukünftigen Beruf. 

Aber selbst wenn ich nicht mehr in vorderster Front vorne dabei wäre, hätte ich immer ein offenes Ohr. Wir haben die SVE aus einem guten Grund angeschoben und da wird sich auch nie etwas daran ändern. Die SVE ist eine Herzensangelegenheit.